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Utopisches Leben - Geschichten aus der Zukunft

Die Geschichten aus der utopischen Zukunft geben einen Ausblick, wie die Menschen in der zukünftigen Welt ihren Alltag verbringen. Womit beschäftigen sie sich? Was ist ihnen wichtig? Wie arbeiten und leben sie? Was machen Menschen, wenn sie alle Möglichkeiten haben, sich frei zu entfalten und ihr Leben selbstbestimmt gestalten können? Die Geschichten sind so individuell, wie die Menschen selbst. Die Geschichten sollen eine Einladung sein darüber nachzudenken, wie es sein könnte, wenn alles ganz anders wäre. Eine solche Geschichte wird hier exemplarisch dargestellt.

Ein einfaches Leben – selbstbestimmt und glücklich

Vögel wecken mich mit ihrem Gesang, aber ich bleibe liegen, bis auch genug Tageslicht da ist, um die Dinge im Haus unterscheiden zu können. Kein Wecker und kein künstliches Licht stören meinen Schlaf. Ich genieße das langsame Aufwachen am Morgen. Wenn alle aus der Familie aufgestanden sind, frühstücken wir: Es gibt Brot mit selbst gekochter Erdbeermarmelade und den Honig der Bienen von Nachbar Reinhard, dazu Kaffee, den die Kooperative einmal im Jahr mit dem Segelschiff extra zu uns bringt.

Das Geschirr waschen wir, wie die Wäsche, von Hand und lassen es an der Luft trocknen. Einen Kühlschrank benötigen wir nicht, weil wir keine leicht verderblichen tierischen Produkte zu uns nehmen. Andere Nahrungsmittel stellen wir in kühle Ecken des Hauses, im Sommer oft lieber in den Keller. Obwohl wir es nicht müssten, haben wir uns bewusst für ein reduziertes und einfaches Leben entschieden.

So sind wir in vielerlei Hinsicht autark und produzieren etwa unseren Strom selbst. Und auch viele von unseren Lebensmitteln kommen aus eigener Herstellung: In unserem Garten ziehen wir Tomaten und lassen verschiedene Beeren wachsen. Im Gemeinschaftsgarten bauen wir mit Nachbarn auch Kartoffeln und verschiedenes Gemüse an. Rund um uns herum machen das viele so. Es wird bewusster konsumiert und produziert. Nahrungsmittel landen nicht mehr im Müll, wie überhaupt Müllberge und Deponien verschwunden sind. Wir haben Freude an unserem bescheidenen, übersichtlichen und selbst gemachten Glück gewonnen.

Warum kann ich aufstehen, wenn ich aufwache und bin nicht gezwungen zu einer bestimmten Uhrzeit aufzustehen? Weil die Uhr nicht mehr über unser Leben regiert. Ich arbeite, wann ich will und nicht mehr nach einem bestimmten Zeitplan. Dies ist möglich durch das Grundeinkommen, das jedem Menschen die Entscheidung lässt, ob er zusätzlich noch gegen Geld arbeiten möchte oder nicht. Die Befürchtungen, dass nicht mehr genug Menschen arbeiten würden und so die wirtschaftliche, technische, soziale und gesundheitliche Infrastruktur zusammenbrechen könnte, haben sich nicht bewahrheitet. Wir haben Vergnügen daran, uns für die Gesellschaft und füreinander zu engagieren.

Ich müsste also nicht arbeiten, tue es aber weiter freiwillig und gern, um Kinder und Jugendliche für Bildung zu begeistern. Ich unterrichte nicht mehr nach Lehr- und Stundenplan, sondern in spontan entstehenden Projekten, wo sich Tag für Tag diejenigen versammeln, die gemeinsam lernen, experimentieren, etwas herstellen wollen. Die einen kommen früher, die anderen später in die Schule; mit ihren Fragen und Hypothesen, Kenntnissen und Fähigkeiten bringen sie sich ein. Demokratisch wird das Vorgehen entschieden, korrigiert, neu geplant. Ergebnisse werden evaluiert, dann neue Projektideen erdacht.

Es ist, als wäre dies keine Schule, sondern das wahre Leben: mit Erfolgen, aber auch Irrtümern und Fehlern. Diese werden bewertet, nicht die individuellen Leistungen der Teilnehmenden. Noten sind längst abgeschafft, übrigens auch die periodische Beurteilung der Lehrkräfte und damit auch eine Menge lähmender Bürokratie. Etwas Vergleichbares in dieser Form gibt es gar nicht mehr. Es ist ein fröhliches Kommen und Gehen, ein Kommen aus „intrinsischer“ Motivation. An manchen Tagen bleibe ich drei Stunden, an anderen bis es zu dunkel wird.

Heute wollen wir einfach zusammen kochen und essen, jede und jeder bringt frisch geerntetes Gemüse für eine Soße mit, dazu machen wir Pasta selbst, manche vegan, andere nicht. Nach gemeinsamem Mahl und Abspülen beschließen wir, morgen an der kleinen Zeitung weiterzuschreiben, mit der wir unser aktuelles Schulleben mit wenigen Exemplaren in der Stadtöffentlichkeit vorstellen wollen. Dazu nutzen wir selbst gepresstes Papier, das glücklicherweise durch die Drucker und Kopierer passt, die mit dem selbst produzierten Strom der Schule funktionieren. Die übrig bleibende Tageszeit verbringe ich mit meiner Familie heute im Gemeinschaftsgarten, bevor wir schon bei Kerzenschein das Abendbrot mit Salat einnehmen.

An anderen Tagen beschäftigen wir uns mit Kochen und Waschen, gehen zu Freunden oder in die Stadt, wo wir Kleidung, Bücher oder Kleinmöbel tauschen. Die meisten Gebrauchsgegenstände zirkulieren, bei Schäden können wir sie in Repair-Cafés instandsetzen oder nötigenfalls in professionellen Werkstätten reparieren lassen, und zwar so lange, bis nur mehr Einzelteile weiterverwendet werden können.

Noch gar nichts habe ich zur Mobilität gesagt: Wir Menschen gehen alle mehr zu Fuß, fahren weniger, und wenn dann meist Rad, denn lange Strecken sind die Ausnahme. Wenn sie doch einmal anstehen, dann nimmt man oft den Zug. In der Luft sieht man nur selten Flugzeuge. Es fliegen fast nur noch die Vögel.